Vom Pott in den Himmel


Lust an der Leiche: In der ARD-Serie „Der Tod ist kein Beinbruch“ leiten die Kabarettistinnen „Missfits“ ein Bestattungsinstitut


Von Hans Hoff

Köln / Oberhausen – Trauer macht lustig. Mit dieser leicht modifizierten Volksweisheit müssen sich demnächst wohl die Bestatter der Republik, vor allem aber die in Oberhausen auseinander setzen. Sie werden möglicherweise plötzlich mit dem Kundenwunsch nach einer witzigen Beerdigung konfrontiert und auf Nachfrage bei den Hinterbliebenen die spezifizierende Antwort erhalten: „Na, so wie bei den Missfits.“ Wer das Frauen-Duo aus dem Ruhrgebiet bislang nur als ziemlich erfolgreiche Versenker tiefer gelegter Geschlechtergags kannte, muss sich spätestens ab 29. November auf eine neue Einschätzung vorbereiten. Dann starten Gerburg Jahnke und Stephanie Überall nämlich als Hauptdarstellerinnen einer ARD-Fernsehserie durch, die sechsmal freitags zeigt, was denn so passiert, wenn ziemlich ungleiche und einander selten wohlgesonnene Schwestern ein Beerdigungsinstitut erben und zum Betrieb desselben verdonnert werden.

„Der Tod ist kein Beinbruch“ heißt die am Dienstag vom WDR in Köln der Öffentlichkeit vorgestellte Serie und bezieht sich auf den untauglichen Tröstungsversuch, mit dem die Schwestern ein Trauerhaus heimsuchen. Auch auf die Frage, ob der Verblichene denn nun in den Himmel oder in die Hölle komme, haben die Zwei von der Bestatterei eine nicht unbedingt pietätskonforme Antwort parat: „Der ist im Himmel. Der war doch Fan von Rot Weiß Oberhausen. Da hatte er die Hölle schon auf Erden.“ Danach wird neben der frischen Leiche erst mal ein lecker Eierlikörchen genommen, und in der Kirche datiert die Pastorin über dem mit Vereinsemblem geschmückten Sarg den Todeszeitpunkt auf „drei Tage, nachdem unsere Jungs es den gottlosen Schalker Säcken gezeigt haben.“ Danach swingt Gerburg Jahnke zur Melodie von „I Will Survive“, und hinterher wundern sich die Schwestern darüber, wie gut doch auch der Song „Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei“ in die beschwipst aufgelockerte Abschieds-Atmosphäre gepasst habe.

Keine Urnen im Maus-Laden

Der Tod muss ein lustiger Geselle sein. Zumindest, wenn er gegen die Missfits wenigstens ein bisschen anstinken will. Die haben sich schon einmal in ihrem Programm „Wo niemand wartet“ mit den schönen Seiten und den Unseligkeiten des humanen Finales auseinander gesetzt und waren daher gut im Thema, als vor gut drei Jahren der WDR mit ihnen die Idee einer Bestatter-Comedy entwickeln wollte. Bei der Vorstellung der Serie durfte Gerburg Jahnke gerade nicht sprechen, weil sie eine Stimmbandoperation hinter sich hat und der Arzt sie zum Schweigen verdonnerte. Was für die irgendwie diffus in den Mitvierzigern gestrandete Kabarettistin fast die Höchststrafe darstellt, wäre da nicht das zusätzlich verhängte Rauchverbot. Nun muss sie alles ihrer Partnerin ins Ohr flüstern, die für sie als Sprachrohr tätig wird.

Stephanie Überall erzählt dann ein wenig ungelenk, dafür aber sehr aufschlussreich, man habe in der Serie zwei Verliererinnen darstellen wollen, „wo andere Frauen sich wiederfinden können“. Warum Frauen sich vorzugsweise in Verliererinnen wiederfinden können, wird nicht diskutiert, dafür aber die Frage, warum man bei Beerdigungen so viel weint. Frau Überall formuliert die Antwort im bekannt-berüchtigten Missfits-Slang: „Man ist auch scheiße traurig, wenn man jemanden beerdigt.“ Frau Jahnke lässt später noch durchflüstern, dass sie im Film gerne eine andere Optik gehabt hätte und lieber ein wenig schlanker rübergekommen wäre.

Im Vorführraum ist das allerdings kein Problem, denn den hat man bei strahlendem Sonnenschein draußen in eine düstere Gruft verwandelt, in dem fünfarmige Kandelaber offenbar ein wenig Nahtod-Erfahrung vermitteln sollen. In dieser Atmosphäre dementiert WDR-Unterhaltungsplaner Winfried Bonk gleich das böse Gerücht, der Sender werde demnächst parallel zur Serie in seinem hauseigenen Mausladen auch Urnen und von Jean Pütz getestete Öko-Särge anbieten. „Seitdem wir keine ‚Alfredissimo’-Bratpfannen mehr übers Internet vertreiben dürfen, ist das Thema für uns gestorben“, sagt er unerwartet beziehungsreich und lobt in ähnlich komischer Weise gleich auch noch, dass die Serie um die beiden todesmutigen Erdmöbelbestückerinnen doch perfekt „aus dem Leben gegriffen“ sei.

Mit dem neuen Serienprodukt liegt der Tod wieder mal schwer im Trend. Auf allen Kanälen sind schon jede Menge Gerichtsmediziner aktiv, die mit der neuen Lust an der Leiche die Quoten hochtreiben, und in den USA feiert „Six Feet Under“, die bitterböse Serie um eine führerlos gewordene Beisetzer-Sippe, einen Erfolg nach dem anderen. „Das kommt in Wellen immer wieder“, sagt Bonk und wehrt Vorwürfe ab, der WDR habe sich da an einen unter Dampf stehenden Trendzug angekoppelt. Die Schlagzeile „Beim Tod hat der WDR die Nase vorn“ will er indes auch nicht lesen.

Über ihr eigenes Ableben haben sich die Missfits auch schon Gedanken gemacht. Die eine mehr, die andere weniger. Frau Jahnke hat sich bereits eine Grabstätte in Hamburg gekauft. War günstig, ein Vorsorge-Schnäppchen sozusagen. Und Frau Überall möchte ihre sterblichen Überreste im Ruhrgebiet zur letzten Ruhe gebettet sehen. Auf keinen Fall in Köln. Sollte sie dort aus Versehen tödlich verunfallen, bittet sie um Überführung ins Revier. Und auch neben ihrer Bühnenpartnerin möchte sie nicht zu liegen kommen. „Nur wenn wir ein Kladderadatsch mit Auto und Leitplanke wären“, schränkt sie ein. Ansonsten bestehen sie auf Einzelgräber: „Wir nehmen ja im Hotel auch kein Doppelzimmer . “

Copyright: "Mit freundlicher Genehmigung der Süddeutsche Zeitung und der DIZ München GmbH

 

 

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